Europa und der Islam
Einführung in den Islam, Ansichten und Aussichten

Günther Ahmed Rusznak, Schriftsteller und Moslem
Vortrag vom 1. Februar 2005 in Graz

 

Sg. Damen und Herren, liebe Freunde!

Danke für die Einladung.
Nach dem unseligen 11. September hat es ja eine wahre Informationsflut über den Islam und die Muslime gegeben. Das Interesse war da und auch die Informationen und die Informanten. Zum größten Teil zumindest.
Es ist aber in vielen Fällen leider nur ein schwacher und teilweise auch unehrlicher Dialog herausgekommen, der sehr oft nur zur weiteren Verunsicherung der Menschen geführt hat.
Gebetsmühlenartig wurden da Stereotypen heruntergeleiert und vieles mit wenig Substanz gesagt. Die Taten, auf die es letztendlich angekommen wäre, sind größtenteils ausgeblieben. Teils aus Bequemlichkeit, teils aus ideologischer und/oder dogmatischer Verblendung.
Und so ist man wieder zur Tagesordnung übergegangen, mit der stillen Hoffnung, ja mit der Gewissheit, dass es so etwas sicher nicht noch einmal geben könne.

Irrtum, meine Damen und Herrn!

Vielleicht nicht mehr so spektakulär wie damals in New York. Aber es hat gebrodelt, manchmal öffentlich, aber größtenteils im Untergrund. Auf beiden Seiten. Auf islamischer wie auch auf nichtislamischer Seite. Und es brodelt weiter und immer weiter. Weil eben die Probleme ungelöst geblieben sind.
Das Hauptproblem war ja nun wirklich nicht das, dass hier eine Bande von Verbrechern, welche sich Muslime nannten, zwei Türme zum Einsturz gebracht haben. Die vielen Probleme haben sich ja schon lange vorher durch das Vorhandensein des Islam und damit der Muslime in einer vormals mehr oder minder christlichen Gesellschaft ergeben.

Die Menschen waren und sind der Dreh- und Angelpunkt. Nur ist uns allen das erst so richtig nach eben diesem 11. September bewusst geworden.

Die berechtigte Frage war nun, stellen die Muslime eine Gefahr dar, müssen wir uns vor ihnen fürchten, was planen sie, was tun sie? Was nun wichtig gewesen wäre, nämlich ein tiefgreifendes Verständnis füreinander aufzubauen, ist wegen ebendieses seichten und unehrlichen Dialogs nahezu gänzlich ausgeblieben.
Verständnis hat etwas mit Verstand und Verstehen zu tun. Und verstehen Sie die Muslime, den Islam wirklich? Umgekehrt gefragt, verstehen die Muslime die Andersgläubigen wirklich? Möchten sie sie überhaupt verstehen?

Ich bin Konvertit! Vor fast genau zehn Jahren bin ich zum Islam konvertiert. Warum? Die Gründe waren vielfältig. Aber ein Hauptgrund war der, dass ich nach einem ziemlich hektischen Leben nichts anderes als Frieden finden wollte. Klingt komisch, was? Aber durch das Studium des Koran, diverser religiöser islamischer Schriften und vieles anderen mehr und nicht zuletzt durch die Wissen vermittelnde, freundliche, ja freundschaftliche Art der Muslime, welche ich kennen gelernt hatte, war dieser Weg vorgegeben. Ich konnte einfach nicht anders.
Mit dem inneren Frieden, das hat ja geklappt.
Mit dem äußeren Frieden ist es dann aber nichts geworden. Nicht dass es ihn im Islam nicht geben würde, ganz im Gegenteil. Aber diverse Umstände haben mich ziemlich, gleich von Anfang an, in wenig friedliche Aktionen verstrickt, welche ich vorher nicht für möglich gehalten hätte.
Vielleicht ist einigen von ihnen noch der Trauner Moscheenstreit in Erinnerung. Eine Moschee - und das war die Moschee, wo ich meine religiöse Heimat gefunden hatte - sollte, weil sie nach Ansicht einiger Lokalpolitiker nicht in das Ortszentrum gehörte, abgerissen werden und ist auch dann letztendlich abgerissen worden. Das ist aber eine lange Geschichte, die heute nicht zur Debatte steht.
Sie können sie im Internet unter www.religionsfreiheit.at/islam.htm nachlesen. Ich habe damals die Sorgen und Nöte der Muslime kennengelernt, aber - und das war auch ganz wichtig - ihre Schwächen, ihre Eigenheiten, ihren Stolz und vieles andere mehr. Ihre Tugenden wie auch ihre Untugenden. Und als geborener Österreicher hatte ich nun plötzlich Einsicht in zwei Welten, in beide Welten. Und genauso plötzlich hatte ich massive Feinde auch in beiden Welten.
Nämlich immer dann, wenn ich Partei für eine Seite ergriff, wurde ich sofort von der anderen als Verräter beschimpft.
Leider gehen so gut wie alle Konvertiten mit Haut und Haaren in der von ihnen gewählten Seite auf und verlieren damit ihre Unabhängigkeit und Urteilskraft. Auf Islamkonvertiten trifft dies ganz besonders zu. Und das ist schade, da ich bis heute so gut wie keine Gleichgesinnten in dieser relativ kleinen Gruppe finden konnte.
Ich habe mir aber die Freiheit erlaubt, im menschlichen Bereich neutral zu bleiben, im religiösen geht das ohnehin nicht.
Eine undankbare Sache, kann ich Ihnen nur sagen. Denn man hat meistens wieder nur Feinde. Aber ich bin nun einmal ein Überzeugungstäter, wenn Sie so wollen. Das mit dem Äußeren-Frieden-Finden kommt vielleicht einmal später.

So und nun sollten wir wirklich wegkommen von meiner Person, hin zu dem Glauben, den ich angenommen habe, von dem ich nach zehn Jahren mehr den je überzeugt bin, dass er für mich der einzig richtige ist.
Der Islam hat ja schon einige Male in Europa angeklopft, und nachdem dies fast ausschließlich kriegerischer Art war, ist da ein ziemlich mieses Bild entstanden. Das wirkt bis heute.
Feuer und Schwert, Zwangsislamisierung, Steinigung, Harem, und die Angst vor den Heiden, die Heidenangst. Jeder war für den anderen der Ungläubige, und als die Islamisierung des Abendlandes vor den Toren Wiens scheiterte, war da bei den einen die große Erleichterung, bei den anderen die Riesenfrustration zu spüren.
Jeder glaubte Gott an seiner Seite, solange er siegte, und fühlte sich von Gott verlassen, wenn es schief ging. Das war so und ist es bis heute geblieben.
Und irgendwann einmal hat man sich dann doch wieder der Heiden - Türken - Araber - also der Moslems - besonnen und sie als billige und willige Arbeitskräfte ins Land oder besser gesagt nach Europa geholt.
Jahrzehnte ist gesellschaftspolitisch nichts passiert, auf beiden Seiten. Und das fällt uns heute auf den Kopf. Denn spätestens mit der Erkenntnis, dass die wenigsten von den Zuwanderern nicht wieder in ihre Heimatländer zurückgehen würden, hätten wir uns massiv mit ihrem Leben, ihrer Kultur, ihrem Glauben beschäftigen müssen.
Und umgekehrt natürlich auch. Aber nichts ist passiert. Weil eben nichts passiert ist. In erster Linie wären natürlich die Muslime selbst gefordert gewesen, ihre inzwischen entstandenen Vereine und teilweise mächtigen Organisationen und in Österreich die vor 25 Jahren gegründete Islamische Glaubensgemeinschaft. Außer einigen Alibihandlungen ist da wieder nichts passiert.

Es kommt der 11. September, und - symbolisch gesehen - geben die eingestürzten Zwillingstürme plötzlich die Sicht auf 40-jährige Versäumnisse hier in Europa frei. Außer dem Schutt der Türme musste und muss daher vieles aufgeräumt werden, und daher danke ich ihnen nochmals für ihre Einladung und will mit dem Aufräumen beginnen.

Zuerst wollen wir einmal mit den Vorurteilen über den Islam aufräumen und deshalb möchte ich Ihnen diesen Glauben, meinen Glauben, ein wenig detaillierter vorstellen:

Definieren wir das Wort Islam einmal:

Islam bedeutet "Hingabe" oder "Unterwerfung unter Gottes Willen".
Lautfolge s-l-m. Die Wortwurzel steht sowohl für Islam wie für Salam - Friede. (Shalom ist die jüdische Variante)
Moslem, Muslim = ein Gott Ergebener.
Und dieser Gott heißt Allah, das ist arabisch und bedeutet nichts anderes als Gott.
"As-salamu alaykum" ist der Gruß der Muslime und bedeutet: "Der Friede sei mit dir".

Der Islam ruht auf fünf Säulen:
Bekenntnis zu dem einen, einzigen Gott = Monotheismus.
Dieser Gott hat immer wieder Propheten berufen von Adam über Musa/Moses) über Ibrahim/Abraham über Isa/Jesus zu Mohammed.
Und Mohammed stellt den Höhepunkt und das Ende der Propheten dar. Er ist nicht der Gründer der Religion, sondern deren Vollender.

Das Glaubensbekenntnis (Shahada) lautet: La ilaha illa-llah wa muhammad rasulu-llah - Es gibt keinen Gott außer Gott, und Mohammed ist sein Prophet.

Das Gebet (arab. "Salat"):
An fünf Tageszeiten, morgens, mittags, nachmittags, abends und zur Nacht wird gebetet in Richtung Mekka.
Erforderlich ist eine rituelle Reinheit.
Die islamische Verpflichtung, fünfmal am Tag zu beten, stößt bei Nichtmuslimen zuweilen auf Unverständnis. Das kommt daher, das vielen nicht bewusst ist, in welcher zeitlichen Knappheit ein Gebet verrichtet werden kann. Auch wenn es vielleicht nur fünf Minuten dauert, verfehlt es deswegen seine Wirkung nicht.
Die Regelmäßigkeit des Gebets ist schon ein Wert an sich. Für einige Augenblicke wird alles Weltliche zurück gelassen, und alle Konzentration gilt Gott alleine. Eine Geste zu Beginn des Gebets unterstreicht dies.

Das Fasten (arab. "Saum"):
Im Monat Ramadan dauert es von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang, und während dieser Zeit gibt es kein Essen, kein Trinken, keinen Sex, kein Rauchen usw. Der Ramadan ist dem Gebet, der Koranrezitation, der Mildtätigkeit, und der Versöhnung gewidmet.

Islamische Sozialabgabe - Zakat - fälschlich vielfach auch als Armensteuer bezeichnet:
Die Höhe beträgt 2,5% (von dem was übrig bleibt).
Nicht mit unseren Abschreibmöglichkeiten bei der Steuererklärung vergleichbar.

Wallfahrt - Pilgerfahrt - Hagg (Hatsch - hatschen):
Wer es sich leisten kann, ohne die Versorgung der Familie zu gefährden, soll einmal im Leben im Monat Dhul-higga, dem Pilgermonat, nach Mekka pilgern. Vor nicht ganz 14 Tagen war es wieder so weit, und zwar am 20/21.1.05 = 10. Dhul-higga = Opferfest = Opfer Abrahams (Ismael, nicht Isaak). 2-3 Millionen Muslime nehmen an der jährlichen Pilgerfahrt teil.

Eines der beiden großen Feierlichkeiten im Islam: Opferfest (Id ul adhha oder Kurban bayrami) und das Zweite: Fastenbrechen (Id ul fitr oder ramazan bayrami oder seker bayrami) > Zuckerfest.

Islamischer Kalender = ein Mondkalender, welcher jährlich 10-11 Tage nach hinten wandert. In einigen Tagen am 10. Februar 2005 = Jahreswechsel von 1425 auf 1426.
Warum? Die islamische Zeitrechnung beginnt mit der Flucht/Auswanderung des Propheten (s.a.s.) von Mekka nach Medina im Jahr 622 unserer Zeitrechnung. >>

Der islamische Jahreswechsel ist ein Gedenktag und hat nichts mit dem christlichen Jahreswechsel (Silvester) gemeinsam.

Mohammed/Muhammad (Der Vielgepriesene)
Geboren wahrscheinlich 570 in Mekka, sein Vater Abdallah starb noch vor seiner Geburt. Vornehme Herkunft durch Stammeszugehörigkeit, aber die wirtschaftliche Lage dürfte alles andere als gut gewesen sein.
Mit 6 Jahren starb auch seine Mutter, und er wurde von seinem Großvater liebevoll aufgezogen.
Mit 8 Jahren starb auch sein Großvater. Ein Onkel sorgte nun für ihn und nahm ihn als Karawanenhändler auf Reisen mit.
Als junger Mann machte sich Mohammed einen Namen in seinem Gewerbe. Er war äußerst zuverlässig und vertrauenswürdig. In Mekka nannte man deswegen Amin, den Treuen, den Glaubwürdigen.
Sein guter Ruf drang bis zur wohlhabenden Witwe Chadiga, welche ihn in ihre Dienste nahm. Sie dürfte eine ziemlich emanzipierte Dame gewesen sein, denn nach einiger Zeit bot sie ihm die Ehe an. Diese Ehe bedeutete einen Wendepunkt im Leben Mohammeds.
Die Ehe mit Chadiga war naturgemäß ein sozialer Aufstieg für Mohammed verbunden mit wirtschaftlichen Vorteilen, aber das wichtigste war wohl der Umstand, dass diese Ehe von einer großen, gegenseitigen Zuneigung geprägt war.
In den Legenden ist Chadiga zum Zeitpunkt der Eheschließung um die 40 Jahre alt, Mohammed um die 25. Chadiga dürfte aber wahrscheinlich jünger gewesen sein. Solange Chadiga lebte, heiratetet Mohammed keine weiteren Frauen. Das Paar hatte acht Kinder, lediglich die Tochter Fatima erreichte das Erwachsenenalter.
Mit 40 Jahren empfing Mohammed die erste Botschaft am Berg Hira, nahe Mekka. Die Legende berichtet:
"Lies!" Der Erzengel Gabriel stand vor Mohammed und hielt ihm ein Tuch hin das wie Brokat aussah. "Ich kann nicht lesen", antwortete Mohammed. Der Engel drückte das Tuch auf ihn, dass er glaubte sterben zu müssen: "Lies!" "Ich kann nicht lesen!" Gabriel legte ihm das Tuch um den Hals und würgte ihn: "Lies!" Wieder würgte der Engel Mohammed fast zu Tode, und in seiner Angst rief dieser: "Was soll ich lesen?" Und dann las Mohammed: "Lies im Namen deines Herrn, der erschuf. > Erschuf den Menschen aus einem Tropfen. > Lies! Denn dein Herr ist gütig. > Der durch die (Schreib)feder gelehrt hat. > Den Menschen gelehrt hat, was er nicht wusste. (Die ersten fünf Verse der 96. Sure; insgesamt umfasst der Koran 114 Suren mit über 6000 Versen, Ayat genannt)
Chadiga wird zu einer wichtigen Stütze für Mohammed.
Aber zunächst interessiert sich niemand für seine Eingebungen.
Von 610 bis 613 geht eine verborgene bis halböffentliche in eine öffentliche und damit offene Phase der Predigten über.
In Mekka wird man hellhörig. Was war Mekka zu dieser Zeit? Kein ärmliches Wüstennest, sondern eine Handelsmetropole (der Zeit entsprechend) und Wallfahrtsort mit einem ausgeprägten Polytheismus, an dem recht gut verdient wurde.
Es kam zu einem Boykott der wenigen Muslime, was soviel bedeutete, dass kein Handel mit ihnen getrieben wurde und es keine Eheschließungen mit ihnen gab. Eine Art Ächtung und Nichtbeachtung.
619 wurde der Boykott schließlich aufgehoben.
Im selben Jahr starben aber seine Frau Chadiga und sein Onkel Abu Talib.
Wie klein die Zahl der Muslime gewesen ist, zeigt der Umstand, dass nach neuerlichen Anfeindungen einschließlich Mordkomplotten gegen den Propheten, die Muslime Mekka verlassen, und zwar anfänglich 70 Männer mit ihren Frauen. Der Prophet geht als einer der Letzten.
Und das war im Jahr 622, dem Beginn der islamischen Zeitrechnung.
Warum ist dieses Jahr so wichtig?
Mohammed löst die uralten Stammesbindungen zugunsten des Glaubens. Die Clanstrukturen werden zerbrochen und der Glauben als höchstes Gut bewertet. Für die damalige Zeit ein revolutionärer Schritt.
Wohin gingen die Muslime?
Nach Yathrib. 400 km nördlich von Mekka. Nach dem Einzug der Muslime wurde sie im Volkmund "Die Stadt des Gesandten" und letztendlich nur mehr "die Stadt", arabisch: Medina. Das ist uns ja geläufig.
Anfängliche Schwierigkeiten, aber allmählich konnten die Medinenser für den neuen Glauben gewonnen werden. Mohammed wird dadurch nicht nur religiöser Führer, sondern auch Leiter des Gemeinwesens. Die erste Moschee entsteht, Mohammed findet hier auch seine letzte Ruhestätte.
Der allseits bekannte Gebetsruf entsteht in Medina.
Hier geht Mohammed eine Reihe von Ehen ein, zwischen 13 und 15.
Der Prophet wird im Koran ausdrücklich von der Beschränkung auf max. 4 Frauen befreit.
Es sind dies vielfach Ehen, bei denen Politik eine Rolle spielt, also so genannte dynastische Ehen.
Bei seinem Tod hinterlässt Mohammed 9 Witwen.
Seine Lieblingsfrau Aisha gilt als klug, gebildet, schlagfertig und - eifersüchtig.
Sie erhält vom Propheten den Ehrentitel: Mutter der Gläubigen.
Sie stirbt um das Jahr 678. Der Koran erlaubt die Eheschließung mit vier Frauen. Es wird aber ausdrücklich auf den Vorteil der Einehe hingewiesen.
Die Scheidung ist erlaubt nach dem Motto: Lieber eine gelungene Scheidung als eine misslungene Ehe.
Aber es gibt im Gegensatz zu weit verbreiteten Meinungen strenge Scheidungsvorschriften.
Es kommt zu einigen Scharmützeln (Kriegen) zwischen den Mekkanern und den Muslimen, und nach einer Niederlage müssen die Mekkaner erkennen, dass die Muslime eine ernstzunehmende Bedrohung darstellen.
Alles in allem sieht man, dass der Islam keine pazifistische Religion darstellt. Verteidigung gilt als legitim und ist Pflicht.
Es kommt zu einem Waffenstillstand - wieder zählt der Frieden als hohes Gut - dank der geschickten Diplomatie Mohammeds.
Im Januar 630 zieht Mohammed mit 10.000 Muslimen gegen Mekka, welches sich wegen der großen Überzahl ergibt und den Islam annimmt.
Der Durchbruch!!!! Mit dem Jahr 630, also mit der kampflosen Einnahme Mekkas, entsteht in Westarabien, sozusagen im Windschatten der beiden benachbarten hegemonialen Großreiche Byzanz und Persien eine vitale Glaubensgemeinschaft, die sich innerhalb weniger Jahrzehnte bis nach Spanien, Persien und Indien erstreckt.
Dieser riesige Erfolg einer großen Idee brachte Mohammed indessen nicht nur Bewunderung ein. Im Gegenteil. Er wurde zur meistverleumdeten, ja -verteufelten Persönlichkeit der Weltgeschichte überhaupt. Im christlichen Mittelalter nicht nur als Anti-Christ, sondern als Höllenhund beschimpft. Welch ein Kontrast zu dem koranischen Gebot, die Leute der Schrift, also Juden und Christen, freundlich zu behandeln und ihre Propheten, einschließlich Jesus zu ehren.
Bis zum heutigen Tag wird die Abstammung vom Propheten über seine Tochter Fatima als große Auszeichnung empfunden. Titel: Sarifen >>>> Scheriefen >>>
Die Königshäuser von Jordanien und Marokko berufen sich auf die Abstammung vom Propheten.
Die Saudis als Herrn von Mekka und Medina, ohne direkte Abstammung nennen sich die "Hüter der Heiligen Stätten". Mohammed stirbt im Jahr 632 mit fast 62 Jahren.

Koran:
Im Monat Ramadan >>> in den letzten 10 Tagen wird die Nacht der Macht/Allmacht/Bestimmung gefeiert. Hier wird der Herabsendung der ersten 5 Verse der 96 Sure gedacht.
Sprache: Arabisch >>> Eine Sprache, welche sich die letzten 1400 Jahre nicht wesentlich verändert hat. Sein Vokabular ist noch heute Umgangssprache.
Schon erwähnt: Länge: 114 Suren, über 6000 Verse, Ayat genannt.
Lesen wir den Koran von hinten nach vorne, haben wir grob gesehen eine Reihenfolge der Offenbarungen vor uns. Mit Ausnahme der ersten sind die Suren aber nach deren Länge geordnet.
Die älteren, kürzeren Suren sind meist in Mekka vor der Flucht der Muslime nach Medina geoffenbart worden, und haben überwiegend theologischen Verkündigungscharakter. Während die längeren, medinischen Suren erkennen lassen, dass inzwischen ein muslimisches Staatswesen existierte. Daher befassen sie sich häufiger z.B. mit Angelegenheiten des Eherechts, Erbrechts, Kriegsvölkerrechts, allgem. Zivilrecht u.v.a.m. Dennoch macht dieser normative Teil des Korans von Medina nur einen kleinen Teil des Ganzen aus.
Bei weitem umfangreicher sind die Passagen, welche das islamische Gottesbild sowie moralische Aspekte zum Gegenstand haben.
Unerlässlich ist es, im Koran alles allegorisch zu verstehen, was sich auf die unsichtbare Welt bezieht, als bloße Metaphern einer uns nicht unmittelbar zugänglichen Wirklichkeit. Dies gilt nicht nur für die Begriffe wie Himmel und Hölle oder Geister, sondern auch für die plastische Selbstdarstellung Gottes; sie darf nicht zu Seiner Vermenschlichung in unseren Köpfen führen.
Eine Sure, welche nach der Aussage des Propheten Mohammed s.a.s. trotz ihrer Kürze ein ganzes Drittel des gnadenreichen Korans widerspiegelt möchte ich ihnen nicht vorenthalten:

(Sure 112):
Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.
Sprich: Er ist der Eine Gott,
Allah der Absolute.
Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt,
Und es gibt keinen, der Ihm gleicht.

Eine allgegenwärtige Forderung im Koran ist zu beobachten, nachzudenken, seinen Verstand zu gebrauchen.
Leider werden diese fundamentalen Forderungen nur allzu oft zugunsten von einigen wenigen Schreihälsen und Besserwissern einfach vergessen.  
Im Koran werden die Gläubigen immer wieder aufgefordert: Glaubt an Gott und seinen Gesandten. Das hatte naturgemäß zur Folge, dass die Lebensgewohnheiten, die Aussprüche, die Taten des Propheten ganz genau beobachtet und auch aufgezeichnet wurden. Nach heutigen Maßstäben hatte er, leger gesprochen, einen Kultstatus. Scheinbar hatte, wie so oft im Leben, diese Praxis noch zu Lebzeiten Mohammeds eine gewisse unerwünschte Eigendynamik erreicht und wurde von ihm selbst verboten. Ging aber im Geheimen weiter.
Nach seinem Tod ist dann die Sache nahezu explodiert, und ein jeder wusste etwas zu berichten. Tausende und abertausende so genannte Hadithe, also Berichte über das Leben und die Taten Mohammeds, kamen in Umlauf.
Sein dritter Nachfolger, der Kalif Uthman, wollte die grassierende und überbordende Welle der Hadithe nochmals eindämmen und ließ sie verbrennen. Umsonst!
Und so wurden die Hadithe im Laufe der Zeit zur zweiten Wurzel und Quelle im Islam. Die Sunna oder der ausgetretene Pfad, wie man das nennt, ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil des Glaubens. Glauben Sie aber bitte nicht, dass man es sich allzu leicht gemacht hätte mit den Hadithen! Ganz im Gegenteil. Im 9. Jahrhundert entstanden umfangreiche Hadithsammlungen, die bis heute maßgeblich sind.
Berühmte islamische Gelehrte sammelten und prüften die mündlichen und schriftlichen Überlieferungen, die im Umlauf waren. Es entstand eine eigene historische Wissenschaft, die bemerkenswert rational vorging. Diejenigen Hadithe, welche die Gelehrten für authentisch hielten, ordneten sie abschließend in drei Kategorien ein. Echte Überlieferungen gelten als "gesund", solche mit leichten Bedenken als "schön", und stärkere Unsicherheiten führten zur Einordnung als "schwach".
Wo aber weder die Sunna noch der Koran erschöpfend Auskunft geben konnten, war eine dritte Wurzel, eine dritte Quelle gefragt. Und das ist die im Westen viel geschmähte, aber letztendlich nur in Bruchstücken bekannte Sharia. Eine Rechtsordnung, nur zu einem geringen Teil ein Strafrecht. Wir verbinden sie hier mit Steinigung und Auspeitschung. Das es aber gänzlich gegenteilig ein unserer Rechtsordnung und unserem Strafgesetzbuch ähnliches Werk ist, das ist mehrheitlich unbekannt. Die islamische Gesellschaft hat nun einmal teilweise andere Wert und Moralvorstellungen als die westliche. Das ist jetzt in keiner Weise irgendwie wertend zu verstehen.
Also was ist richtig, was ist falsch? Hat ein Schwarzer nun die "richtige" Hautfarbe, oder ein Weißer?
Aber um hier nicht ins Uferlose zu kommen, soll doch festgestellt werden, dass sowohl Sunna und Sharia Menschenwerke sind und als solche betrachtet werden müssen. Einzig der gnadenreiche Koran ist göttlichen Ursprungs und bedarf daher keiner wie auch immer gearteten Korrekturen. Das Problem ist, und damit kommen wir jetzt zum Thema "Islam in Europa", dass alle Gruppierungen im Islam, wie in jeder anderen Religion übrigens auch, ihren Traditionen und Überlieferungen verhaftet sind. Die schon kurz nach dem Propheten aufgetretenen Spaltungen und Meinungsverschiedenheiten sind der andere Teil, und dann stehen wir vor einem Islam, der meilenweit davon entfernt ist, geeinigt und stark zu sein.
Wenn hier dem unbedarften, westlichen Betrachter "der Islam" vorgegaukelt wird, ist das eine Fiktion. Und massive Gewaltanwendung einzelner Gruppen darf nicht mit Stärke verwechselt werden. Der andere Punkt ist die noch immer ausstehende Aufklärung im Islam. Was der Westen mit vielen Bauchschmerzen geschafft oder geschaffen hat, findet kein Gegenstück in der islamischen Welt. Die Verbindung Kirche-Staat, also Islam zu Staat, ist noch immer von dem zweifelhaften Umstand der Untrennbarkeit geprägt, und es gibt nur wenige Ausnahmen wie z.B. in der Türkei. Das demokratische Prinzip, in so gut wie keinem der islamischen Länder angewandt, wird aber im Koran vorgelegt und wäre damit zu befolgen.
Was hat das nun mit Europa zu tun? Ganz einfach: Es sind die Menschen, eben die Muslime, welche zu uns gekommen sind, welche nun so an die 15 Millionen in Europa ausmachen, und welche diese Einstellung zur Gesellschaftsordnung mitgebracht haben.
In Österreich 340.000. 4% der Bevölkerung, aber immerhin schon die zweitstärkste Religion hier im Land. Aber auch hier keine Einheit, auch hier muss in Strömungen, Gruppierungen, Nationalitäten und noch einiges mehr eingeteilt werden. Und das macht die Sache eben so schwer. Vom Extremisten bis zum liberalen Moslem oder gar hin zum vielleicht/gerade noch/sagen wir so Moslem u.s.w. gibt es alles. Mangels Taufe und den dazugehörigen Schein wird es auch keine Taufscheinmuslime geben können, aber sinngemäß wird diese Gruppe auch nicht gerade eine kleine sein.
Jetzt werden Sie natürlich nicht die "Taufscheinmuslime" erschrecken, sondern die erwähnten Extremisten. Fundamentalisten mit einer ausgeprägten Gewaltbereitschaft. Für den Glauben. Der dies aber wiederum nicht verlangt, sondern ganz gegenteilig kategorisch ablehnt. Ja warum tun diese Leute das, aber vorerst gibt es sie überhaupt? Hier in Österreich? Von den anderen Ländern wissen wir es oder glauben es zu wissen. Amerika, Deutschland, Holland, England, Spanien. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Prof. Schakfeh, meinte, dass lediglich 1% der Muslime in Österreich, zur gewaltbereiten Szene gehören würde. Na, dann rechnen wir doch einmal nach. 340.000 Muslime, 1% = 3400 gewaltbereite Kerle hier im Land? Erschreckend, nicht? Nehmen wir lediglich nur ein Promille, als gelernte Insel-der-Seligen-Bürger. Bleiben immer noch 340 Extremisten. Und die, meine Damen und Herrn, die haben wir ganz, ganz sicher. Ich weiß, wovon ich rede. Als Schnittpunkt in Europa wird es hier bei uns immer wieder eine nicht unerhebliche Anzahl von Import und Durchzugsextremisten geben. Laut Innenministerium stören die ja nicht, weil sie ja hier nicht tätig werden. Ein sicher unhaltbarer Zustand, moralisch mehr als zweifelhaft, aber typisch österreichisch.
Weiters gibt das Innenministerium einige Überwachungen zu, aber radikale Strukturen wären nicht bekannt. Mit einem Wort, es passiert nichts, bevor nichts passiert.
Ich kann dazu nur sagen: Möge Gott es so sein lassen, wie es sich manche Menschen wünschen.
Jetzt aber wirklich zum Warum. Einige wenige oft ganz kluge Köpfe hecken irgendetwas Böses aus. Und wie bewegen nun diese Leute andere weniger kluge Köpfe, etwas zu tun, was sie normalerweise gar nicht tun würden?
Gott will es!!! Kommt Ihnen das bekannt vor? Ein Schlagwort aus Kreuzfahrerzeiten, sinngemäß übernommen von Muslimen. Wenn diese Bezeichnung überhaupt noch zutrifft. Mit Gottes Wort als Grundlage, da lässt sich allerhand anfangen. Bis hin zum 11. September.
Nun haben diese Leute einen anderen Koran? Nein! Sie reißen nur einzelne Sätze aus oft geschichtlichen Zusammenhängen und die lauten dann: Der Krieg ist euch vorgeschrieben, oder: Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt. Gerade vor kurzem wieder in der Kronenzeitung aufgelistet, waren solche Sätze zu finden. Ja und nochmals ja, sie stehen im Koran. Nein und nochmals nein, sie haben keine Gültigkeit in der heutigen Zeit und werden schon in den nächsten darauf folgenden Zeilen des Korans relativiert oder richtig gestellt.
Eine üble Manipulation wird hier getrieben. Nehmen wir die Bibel zur Hand. Matthäus 10:34: Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert!
Also ich muss schon feststellen, dass das Christentum eine arg kriegerische Religion ist. Oder? Bitte das ist jetzt als Scherz zu verstehen!
Sehen Sie, aber so funktioniert das!

Und dann haben wir noch die wirtschaftliche Komponente. Global gesehen tritt ein gewisser Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem Westen auf. Das islamische System müsste doch eigentlich besser sein als das der so genannten Ungläubigen.
Anstatt die Fehler bei den eigenen Regierungen zu suchen und bei den korrupten Führungsschichten, oder auch bei der eigenen Unzulänglichkeit, wird das Heil wieder im Kampf gegen die Ungläubigen gesucht. Denn das würde Allah ja schließlich belohnen. Oder zumindest so ähnlich.
National oder europäisch haben wir ebenfalls wieder die wirtschaftliche Komponente. Die Wirtschaft lahmt. Das können wir so annehmen. Arbeitslosigkeit, bei Zuwanderern drei Mal so hoch wie bei Einheimischen! Dazu kommt in vielen Fällen die gesellschaftliche Ächtung. Unsinnige Dinge spielen hier eine traurige Rolle. Anderes Aussehen, andere Religion, andere Sitten und Gebräuche.
Es gibt aber auch gerechtfertigte Ablehnungsgründe. Wenn zum Beispiel nach 40jähriger Anwesenheit noch immer kein Wort Deutsch gesprochen wird oder eben nur sehr mangelhaft. Das verärgert, das macht böses Blut. Erschwert das Zusammenleben ganz erheblich.
Das führt aber auch zur Isolation der Betroffenen. Ghettos entstehen. Gehen sie in den 16. Wiener Gemeindebezirk. Brunnenmarkt, hauptsächlich ein türkischer Markt - was mir persönlich sehr gefällt. Dann finden sie aber dort einen türkischen Friseur, einen türkischer Rechtsanwalt, einen türkischer Zahnarzt usw. In der Früh geht Mustafa, Ahmed oder Ibrahim von seinem türkischen Dorf (Bezirk) nach Wien und kehrt am Abend wieder zurück. Seine Frau bleibt in der Türkei, die noch nicht schulpflichtigen Kinder ebenfalls. Sie brauchen kein Wort Deutsch zu reden. Sie sind zuhause. Die klassische Parallelgesellschaft. Moschee und Teehaus inkludiert. Jetzt wird Mustafa, Ahmed oder Ibrahim arbeitslos. Dann sieht er nichts mehr von der anderen Welt, ist unzufrieden, wieder auf die Ungläubigen, gerät in den Bann von unheilvollen Predigern und der Weg ist geebnet.

Der Ausdruck "Ungläubige" wäre jetzt einmal zu erklären. Er wird immer wieder im Koran gebraucht, das ist nicht zu leugnen. Selten im Zusammenhang mit Feinden, meistens nur als Differenzierung. Heute sagen wir Andersgläubige, da aber der Koran unveränderbar ist, kann an dieser sicher überholten Ausdrucksform nichts geändert werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich ihnen jetzt sozusagen als Auflockerung eine Sure aus dem Koran vorlesen, welche sehr aussagekräftig im Umgang mit eben diesen Ungläubigen ist.

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen.
Sprich: O ihr Ungläubigen!
Ich verehre nicht, was ihr verehrt,
Und ihr verehrt nicht, was ich verehre,
Und ich werde kein Verehrer dessen sein, was ihr verehrt,
Und ihr werdet kein Verehrer dessen sein, was ich verehre,
Euch euer Glaube und mir mein Glaube.
(Sure 109)

Und dieser letzte Satz hat es in sich! Euch euer Glaube und mir mein Glaube. Nicht: Ihr müsst das glauben, was ich glaube, sonst ... u.s.w.
Und dazu kommt noch ein sehr, sehr wichtiger Satz an anderer Stelle:

Es gibt keinen Zwang im Glauben.

Aber kommen wir wieder zurück zu den Millionen von Muslimen in Europa. In den fünfziger Jahren sind sie bei uns angekommen als willkommene Arbeitskräfte für das Wirtschaftswunder. Das Wunder ist vergangen, die Muslime sind geblieben.
Das war nicht so geplant.
Solche Zuwanderungsschübe hat es immer schon gegeben, und sie haben sich assimilierend in der einheimischen Bevölkerung aufgelöst.
Diesmal aber nicht. Lebensart und vor allem der Glaube hat dies in den meisten Fällen nicht ermöglicht.
Hier bei uns haben sie etwas später zwar die Staatsbürgerschaft annehmen können, aber letztendlich sind sie Fremde geblieben. Mit Ausnahmen!
Jetzt kommt der 11. September und mit ihm ein ausgeprägter Generalverdacht gegenüber den Muslimen. Aber auch der Anfang eines breiteren Dialogs entsteht.
Doch was ist dieser Dialog wert? Schmusestunden nennt das der Islamexperte Prof. Bassam Tibi, ein gebürtiger Moslem.
Und das war und ist es dann auch.
Und noch etwas, damit wir nochmals auf den 11. Sept. zurückkommen. Glauben Sie ja nur nicht den offiziellen Aussagen der hochoffiziellen Glaubensgemeinschaft, dass kein Moslem hier in Österreich die Anschläge gut heißen würde. Hier in Österreich und auch in Europa traue ich mich die Befürworter, die Gutheißer, die Jubelnden und die Triumphierenden mit rund 50 Prozent anzugeben. Da war teilweise eine wirklich gute Stimmung in den Moscheen, Gebetsstätten, Lokalen und Clubs. Leider! Aber auch das muss gesagt werde.
Bassam Tibi, Professor in Harvard und Göttingen, Islamexperte, stammt aus Syrien, hat in unzähligen Büchern auf die Gefahren eines missverstandenen Islams in Europa hingewiesen. Er hat als Lösung den so genannten Euroislam angeboten. Ein verwirrender Ausdruck, ein unglücklicher Ausdruck, wie ich meine, da er eine eigene Form des Islams vermuten lässt. Besser wäre es gewesen, Tibi hätte die Muslime in Europa aufgefordert "Euromuslime" zu werden. Denn die Menschen müssen sich ändern, nicht der Glaube. So wird die "Euroislam"-Debatte in den meisten Fällen ohne Kenntnis des wahren Hintergrundes sofort abgelehnt. Eine unqualifizierte und diffamierende Ablehnung nach der Devise: Es gibt nur einen Islam. Punktum!
Die Reformbestrebungen werden dabei so geschickt deformiert, dass sie einem Ausscheiden oder Abfall vom wahren islamischen Glauben gleichkommen. Und darauf steht die Todesstrafe! Hoppla, auch ich lese den Koran, aber das muss ich überlesen oder übersehen haben. Nichtmuslime benützen diese Aussage immer wieder recht gerne, um die Intoleranz des Islams aufzuzeigen. Erinnern Sie sich: Es gibt keinen Zwang im Glauben! Aber selbst Muslime sind vielfach überzeugt, dass das so stimmt, und in einigen islamischen Staaten wird die Todesstrafe für dieses Vergehen sogar exekutiert. Na also, werden sich nun die Gläubigen aller Konfessionen denken, dann wird es ja stimmen.
Nichts da! Es stimmt einfach nicht. Menschenmachwerk, Menschengesetz sind die Grundlage. Nicht der Glaube, nicht der Islam. Und mit jeder neuen Verzerrung und Verunglimpfung wird der Islam weiter in den Dreck gezerrt, größtenteils sogar von den eigenen Leuten.
Sonderbar berührt die Tatsache, dass es in Österreich keine wirkliche Reformbewegung gibt. In der Türkei, in Deutschland, in England, in Frankreich, überall sind Reformer aufgestanden und haben zumindest einen Stein oder ein Steinchen ins Rollen gebracht.

In Frankreich glaubt der Reformer und Großmufti von Marseille, Soheib Bensheik, dass die Mehrheit der Muslime hinter ihm steht. Was allerdings mit einiger Vorsicht genossen werden muss. Lassen wir Bensheik einmal zu Wort kommen, um die Reformbestrebungen zu verdeutlichen. Er sagt:
"Wir brauchen eine Theologie, die mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt hält, sonst wird der Islam von den Ereignissen überrollt."
Oh, oh! Da sehe ich schon die ersten Aufheuler und Kopfschüttler. Das klingt verdammt nach Modernisierung und Änderung. Und nichts anderes ist es dann auch.
Bensheik weiter: "Denn der Islam ist eine Botschaft, die sich an die gesamte Menschheit richtet. In Frankreich ist der Islam eine Religion unter vielen. Wir müssen unsere Anwesenheit hier nützen, um die alte Theologie zu ersetzen und wirklich in dieser gesellschaftlichen Realität zu leben. Und wenn wir diese Theologie einmal haben, kommt sie auch dem Islam in seinen Heimatländern zugute. Denn heute bewegen wir uns auf eine Globalisierung oder Universalisierung zu, die Gesellschaften kommen einander näher, und in dieser sich abzeichnenden neuen Weltordnung wird auch in den islamischen Ländern der Islam eine Minderheit unter vielen sein."
Hier bewegt sich Bensheik auf eine gefährliche Klippe zu. Seine islamischen Gegner werden augenblicklich den Islam als einzige geoffenbarte Wahrheit ins Gespräch bringen und damit jeder Vielschichtigkeit eine Absage erteilen. Weiters wird die berühmt-berüchtigte "Herr im Haus"-Mentalität in den islamischen Ländern eine Rolle spielen.
Doch lassen wir ihn weiter reden: "In den Augen der Menschheit ist der Islam eine Religion so gut wie irgendeine andere, auch wenn jeder seine eigne Religion für die beste hält. Der laizistische Geist der französischen Gesellschaft lässt es nicht nur zu, dass aus den Gegnern von einst die Partner von heute werden, sondern er lässt auch die verschiedenen Weltanschauungen weiter nebeneinander bestehen. Die Juden können weiter glauben, dass sie das auserwählte Volk sind, die Christen, dass es kein Heil außerhalb der Kirche gibt, und die Muslime, dass sie die beste Religion haben. Wichtig ist nur, dass diese Überzeugung nicht das gesellschaftliche Zusammenleben behindert."
Kann oder sollte man zu diesen Worten noch etwas hinzufügen? Erst einmal muss man sie "verdauen". Als Moslem genauso wie als Nichtmoslem. Wieder werden es die einen als Anschlag auf den alleinigen, wahren Glauben uminterpretieren und die anderen werden von frommen Wünschen eines Visionärs oder Utopisten sprechen. Doch Reformen sind und waren nie leicht an den Mann (Frau) zu bringen. Viel zu viele selbstsüchtige Interessen stehen ihnen gegenüber. Reformen sind daneben auch noch unbequem. Sie verlangen nämlich eines ganz vehement: Das Denken!
Und für den Reformer gilt: "Wer nicht stört, wird nicht gehört!" Wenn aber diese Störungen für einige so gravierend erscheinen, dass sie wie im Fall Bensheik einen Mordaufruf mittels einer Fatwa (islamisches Rechtsgutachten) inszeniert, dann muss das Gesagte und Geschriebene schon gewaltig ihre Interessen schmälern. Dass diese Interessen keineswegs grundlegend religiöser Natur sind, sonder wieder auf Macht, Politik, Nation und "Herr im Haus"-Bestrebungen hinzielen, kann als gesichert angenommen werden.

Jetzt durchleuchten wir einmal die österreichischen Zustände und Verhältnisse:
Wieder gehen in Österreich die Uhren anders. Fragen Sie mich nicht, warum das so ist. Ich weiß auch keine Antwort darauf. Hier bei uns verkrallt sich die Islamische Glaubensgemeinschaft förmlich in ihren nationalen Status, der ihr lieb geworden sein dürfte. Durch die "Aktivierung" eines Monarchiegesetzes von 1912 sind einige Muslime hier in Österreich zu staatlich geschützten "Alleinvertretern" für alle Muslime geworden. Ob die nun wollten oder nicht. Sicher könnte man mit diesem Anspruch und den damit verbundenen Privilegien und Monopolen allerhand anfangen, aber vor dem 11. September ist da herzlich wenig geschehen, und danach die schon erwähnten und noch zu erwähnenden schwachen Alibihandlungen. Und so konnte man unter staatlichem Wohlwollen erst vor kurzem das 25-jährige Bestandsjubiläum feiern. Das Lamento über die bösen Kopftuchgegner und anderer seichten Themen verdrängte und verdrängt gänzlich die notwendigen zukunftsweisenden Denkanstöße für das dritte Jahrtausend. So gesehen ist auch die Bekämpfung neuer Ideen, und damit meine ich jetzt Reformideen, eben auch hier in Österreich lediglich als eine Notwehrreaktion zur Ablenkung innerer Schwächen zu verstehen.

Die Forderung nach einem Output für die übrige islamische Welt erübrigt sich damit von selbst.
Dabei hätte die Glaubensgemeinschaft mit ihrem Monopol auf die Bestellung von Religionslehrern eine geradezu ideale Möglichkeit, über den islamischen Nachwuchs Einfluss auf die kommenden Generationen zu nehmen.
Auch die quotenfreie Aufenthaltsgenehmigung für islamische Seelsorger, welche wiederum nur über die Glaubensgemeinschaft beantragt werden darf, wäre ein vorzügliches Steuerungselement in die Moderne. Aber auch hier wird wie bei den Lehrern ein undurchsichtiges Auswahlverfahren praktiziert und gleichzeitig eine riesige Chance vertan.
Holen wir uns aber Rat bei den Reformern. Wieder fragen wir den Großmufti von Marseille, den Algerier Soheib Bensheik. Er beklagt bitter, dass die Imame meist aus ländlichen Gegenden kommen und bei der Konfrontation mit der westlichen Welt völlig überfordert sind. Kommen die Imame in Frankreich aus Nordafrika, so stammen sie zum Beispiel in Österreich recht häufig aus ostanatolischen Gegenden. Ich selbst habe in "meiner" Moschee immer wieder Leute von dort erleben müssen. Damit soll jetzt nichts gegen ihren Glauben oder gar ihre Rechtschaffenheit gesagt werden. Aber sie sind und bleiben eben Dorfimame, welche mit unserer Welt ihre liebe Not haben.
In Frankreich sprechen sie nicht französisch und in Österreich nicht Deutsch. Sie leben unter ihresgleichen, beten und reden arabisch oder türkisch. Ihre neue Umwelt bleibt fremd für sie, und sie bleiben dieser ebenfalls fremd. Was sie nicht kennen, verbieten sie rigoros, und bald besteht ihr Islam fast ausschließlich aus Verboten. Für den Außenstehenden bleibt der Islam eine Religion der Ausländer, die man nicht versteht oder meist auch gar nicht verstehen will.
Die erwähnten sich häufenden Schmusestunden, d. h. interreligiösen Dialoge, Tage der offenen Moschee usw. entzerren das Bild nicht ein bisschen. Ganz im Gegenteil.
Die freundliche Annäherung an den Andersgläubigen, mag sie nun ehrlich gemeint sein oder nicht, hinterlässt meist nichts anderes als neue Unsicherheiten. Die Kluft zwischen den Menschen, nicht die Kluft zwischen den Religionen, vergrößert sich zusehends. Religion ist etwas, was in unseren Breiten ohnehin nicht mehr an die Öffentlichkeit getragen wird. Man hat sie oder hat sie nicht, entweder stark oder weniger stark, aber so gut wie nie öffentlich. Und da kommen jetzt die Muselmanen daher, wollen über etwas reden, was eigentlich kein Gesprächsthema mehr ist.
Noch dazu, wo ihre Grundaussage immer die ist: "Es ist so, wie es ist, wir können uns nicht ändern, weil das eben unser Glauben so verlangt."
Es werden also relativ freundlich keinerlei Zugeständnisse gemacht. Das verdrießt, verbittert und entfremdet. Vielleicht nicht augenblicklich, aber sicher auf längere Sicht gesehen. Der dringend gewordene Handlungsbedarf wird auf muslimischer Seite einfach ignoriert.
Im schlechtesten aller Fälle begibt man sich auf den "Englischen Weg". Dieser Weg sieht eine Zweigleisigkeit in der Gesellschaft vor. Von den Muslimen naturgemäß freudig begrüßt, von der übrigen Bevölkerung mit Argwohn und Angst wahrgenommen. Jeder geht dabei seine eigenen Wege. Klingt plausibel, ist es aber nicht. Von der bereits vorhandenen Ghettoisierung einmal abgesehen, welche aber schon Grund genug sein müsste, dieses System abzulehnen, ist es dann nur mehr ein kleiner Schritt zu utopisch radikalen Forderungen.
So hat 1995 ein muslimischer Fanatiker allen Ernstes ein duales Rechtssystem in Großbritannien gefordert. Islamisches Recht für die Muslime, englisches Recht für die anderen (Ungläubigen). Ein leichter Gegenschlag des Pendels ist aber, wie könnte es anders sein, auch auf der britischen Insel zu bemerken. Imame, welche noch nicht in der Öffentlichkeit bekannt sind, verlangen in englischer Sprache, bei Ansprachen und Predigten, die Eingliederung ihrer "Schäfchen". Auch sie verfügen über eine wachsende Anhängerschaft, und auch sie werden vehement bekämpft. Der Umdenkprozess ist aber leider viel zu schwach, und die Fundis sind viel zu zahlreich, als dass hier eine rasche Änderung abzusehen wäre.
Wieder zurück in Österreich sehen wir uns mit Forderungen nach einer Aufspaltung der Gesellschaft (noch) nicht direkt konfrontiert. Dass es solche Wünsche gibt, kann als sicher angenommen werden. Aber wie gesagt, momentan (noch) nicht der Rede wert. Auch für den "offiziellen" Islam in Österreich ist das kein Thema. Thema Nr. 1 ist bleibt das Abwehren unliebsamer Kritiker und das Anbiedern an die jeweiligen Machthaber. Reformen sind ohnehin kein Thema.

Von Frankreich über Österreich springen wir nach Deutschland. Lassen wir auch einmal Bassam Tibi reden:
"Die Islamisierung der Welt ist ein fester Bestandteil islamischer Weltanschauung. Eine erfolgversprechende Lösung kann aber nur darin bestehen, den Islam von seinem universalistischen Absolutheitsanspruch zu befreien und ihn an die pluralistische, europäische Moderne anzupassen."
"Skepsis ist angebracht, wenn man bedenkt, dass im bisherigen Dialog von islamischer Seite nichts als Forderungen und Anklagen erhoben wurden. Die Muslime gefielen sich in der Rolle des Opfers. Den christlichen Vertretern wurde nicht nur die deutsche Vergangenheit vorgehalten, sie wurden auch für die Kreuzzüge und für den Kolonialismus mitverantwortlich gemacht. Zugleich verbaten es sich die Muslime, mit der Geschichte des Dschihad konfrontiert zu werden. Bei den islamischen Dschihad-Eroberungen ist jedoch viel Blut geflossen, und Muslime haben Nichtmuslimen ihren Glauben oftmals brutal aufgezwungen. Doch darüber zu reden, gilt als tabu.
Lieber reden auch die Christen von ihrer eigenen dunklen Vergangenheit. Ein solches Ritual einseitiger Schuldzuweisungen ist kein Beitrag zur Verständigung zwischen den Zivilisationen. Es kommt dabei nur ein verlogener Dialog heraus."
"Weder brauchen wir interreligiöse Schmusestunden noch einen Austausch von Beweihräucherungen oder verlogenen Zusicherungen des guten Willens. Ehrlichkeit gibt es nur, wenn man ohne Selbstzensur, ohne Tabus und ohne Duckmäusertum miteinander reden kann. Die Geschäftsgrundlage muss die Akzeptanz des religiösen Pluralismus sein, also die Anerkennung der Gleichberechtigung der Religionen. Weder Beschuldigungen noch Selbstbezichtigungen helfen dabei weiter."
"Nur Euro-Islam sollte in Europa Platz haben!"
"Es gibt in Europa zur Zeit ca. 15 Millionen Muslime. Die organisierten Islamisten unter ihnen - dies sind diejenigen mit einem Sendungsbewusstsein - schätze ich auf maximal drei bis fünf Prozent. Dennoch sind sie als Minderheit gefährlich, weil sie versuchen, die Führung der islamischen Gemeinde zu 'hijacken' - auch verfügen sie über Mittel dazu."
"... Als Gegenstrategie hätten die Europäer geradezu die Pflicht, den hier lebenden Muslimen die Identität der Aufklärung, die Errungenschaften der Französischen Revolution (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit), das Prinzip der Achtung der Menschenrechte auch und gerade für Frauen anzubieten."

Hier könnte man noch endlos weiter machen. Vorschlag: Lesen Sie Tibis Bücher! Basam Tibi ist Moslem und trotzdem redet er so? Ja, auch er ist ein Überzeugungstäter. Einer, der sich Gedanken macht und nach Lösungen sucht. Parallelen zu Bensheik sind nicht zu übersehen. Von der Herkunft bis zur Bildung. Von den Aussagen und Vorschlägen. Und genauso von den Gegnern her.

Das Wort Dschihad ist gefallen. Das Wort Dschihad wurde sehr oft fälschlicher Weise mit dem Begriff "Heiliger Krieg" übersetzt. Richtig ist, dass das Wort Dschihad den besonderen Einsatz des gläubigen Muslims auf dem Wege Gottes bedeutet. Vor allem meint man damit die besondere Anstrengung des Muslims um die Überwindung des Selbst. Im Ausnahmefall, wenn die Gemeinschaft der Muslime angegriffen oder bedroht wird, wird der Dschihad als Verteidigungskrieg erklärt. (Prof. Schakfeh)
Also Dschihad-Eroberungen, dieses Wort ist bei Prof. Tibi gefallen, dürfte es im eigentlichen Sinn gar nicht geben. Also wieder eine rein menschliche, falsche Auslegung einer göttlichen Weisung.

Gehen wir zu unserem Alltag zurück. Die Menschen sind der "Knackpunkt", wie sie reden, wie sie leben, was sie tun oder nicht tun. Alltägliches und nicht Alltägliches. Lassen Sie mich einiges heraus greifen und zur Sprache bringen.
Ganz grob gesprochen, stehen die Europäer den Orientalen gegenüber. Während im Orienturlaub mit offenem Mund alles Fremdartige bewundert wird, geht der Bürger zu Hause mit gänzlich anderen Maßstäben ans Werk. Die Etablierten wollen natürlich so wenig wie möglich von ihrem gewohnten Lebensstil ändern, die "Neuen" wollen wiederum so viel wie möglich von dem ihrigen einbringen und damit beibehalten. Da sieht sich dann der gelernte Österreicher - nach seinem Sprachgebrauch - einer "Horde" von schwarz gewandeten Tschadorträgerinnen gegenüber, welche laut ausländisch palavernd die Straße blockieren. Davor noch einige Rauschebärte mit Turban. Ja das kann schon einmal vorkommen. Ist mir selber schon x-mal passiert. Zum Beispiel am Wiener Naschmarkt oder dem schon erwähnten Brunnenmarkt... Na und?
Wie ich zu den exotischen religiös motivierten Kleidungsstücken stehe? Religion ist eine Sache des Herzens, nicht der Äußerlichkeiten. Aber wird damit das Auge "beleidigt"? Genauso wenn ein "uniformierter" orthodoxer Jude um die Ecke biegt. Oder eine christliche Nonne. Ein rot gefärbter Irokese, eine weißgesichtige Gruftine.
Ob religiös oder weltlich motiviert, betrachten wir es als eine große Wiese mit vielen bunten Blumen. Wer aber nur den strengen, englischen Rasen bevorzugt, auch gut, sein gutes Recht. Es muss einem nicht alles gefallen. Mit diesem Ausflug in die optische Welt, können sicher die Hauptprobleme nicht gelöst werden. Ein wenig auflockern vielleicht, aber auch schon nicht mehr.
"Nur der Euro-Islam sollte in Europa Platz haben!" haben wir von Prof. Bassam Tibi gehört. Damit meint er aber sicher nicht, dass augenblicklich alle muslimischen Frauen vom Tschador und von den anderen Verhüllungen auf Levis 501 und T-Shirt umsteigen müssen. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie freiwillig, wie gerne und wie überzeugt diese Frauen ihre Verhüllungen tragen.
Und da beginnt die Aufklärung. Nicht von uns Westlichen, sondern von den Imamen, von der Glaubensgemeinschaft, von Vereinen und Organisationen. Dazu müssen sie angehalten werden.
Das Kopftuch und die Diskussion darüber sollten aber nicht von teilweise wichtigeren Dingen ablenken, es sollte vielmehr nur als Ausgangspunkt für andere Änderungen und Anpassungen hergenommen werden.
Bleiben wir aber dennoch bei den Frauen. Patriarchat, Herrschaft des Mannes - Unterdrückung! Für diese Worte bin ich einmal von einer Muslima bei einer Diskussion ausgelacht worden. So etwas gibt es doch nicht im Islam, hat sie mir während meiner Ausführungen zugerufen. Oh du arme, fehlgeleitete Glaubensschwester. Bemerkst du es einfach nicht mehr, oder hast du, wie viele deiner Leidensgenossinnen, jede Hoffnung auf eine Änderung längst aufgegeben? Wie auch immer, rein theoretisch hatte sie ja Recht. Aber grau ist alle Theorie. Und "grausig" die Realität. Es treffen wieder einmal, wie so oft, Traditionen auf die Lehre und überdecken sie bis zur Unkenntlichkeit. Höhere Schulen für Mädchen? Aber wozu denn! Ein Anlernberuf genügt, denn schließlich wird Arzu, Maijda, oder Fatme ja doch heiraten. Also nochmals wozu?
Zugegeben, die Zeiten, ich meine die Ansichten, bessern sich. Ein langsamer Umdenkprozess hat eingesetzt. Aber langsam, ganz langsam und recht bescheiden. Dann kommt das Mädchen oder die Frau mit viel Hoffnung und Elan auf den Arbeitsmarkt oder die höhere Schule zu und wird nicht angenommen bzw. akzeptiert, weil, ja weil sie ein Kopftuch trägt. Die Situation schreit nach Reformen, doch die Reformer sind (noch) nicht zur Stelle. Die Durchsetzung von Frauenrechten für Muslimas müsste aber eine vordringliche Aufgabe für alle Verantwortlichen sein.
Doch wer sind die wirklich Verantwortlichen, und warum sind gerade die Rechte der Frauen im islamischen Bereich so wichtig? Zuerst einmal, verantwortlich sind wir alle. Die Gesellschaft, ohne Ausnahmen. Wer Frauen im Tschadohr oder mit Kopftuch beschimpft und beleidigt, trägt wesentlich zur weiteren Isolierung und zur Verhärtung der Standpunkte bei. Damit ist niemand gedient, und eine Lösung der Probleme wird nur erschwert. Ich habe lange Zeit versucht, bei den islamischen Männern ein offenes Ohr zu finden. Vergeblich! Bei der Geistlichkeit, wiederum lauter Männer ... vergeblich! Bei den Frauen selbst ... vergeblich! Sie fühlen sich dann gegenüber ihren Männern schuldig.
Da muss schon die Aufklärung von höherer Stelle kommen, im österreichischen Fall von den Alleinvertretern. Von dort kommt aber nichts oder im schlechtesten Fall ganz das Gegenteil. Jetzt ist guter Rat teuer. Wieder muss die Gesellschaft das Steuer an sich reißen und Druck machen. Frauenvereine, Feministinnen, von mir aus auch Emanzen. Der Zweck heiligt die Mittel. Warum sind diese Organisationen und diese Damen hier auf einmal so schweigsam? Und wenn sie reden, warum lassen sie sich mit billigen Ausflüchten abspeisen? Mit Floskeln und Halb- und Unwahrheiten? Die "grüne" Damenriege aus der gleichnamigen Partei, die "roten" Emanzen in ihrer Vielfalt, wo bitte sind sie? Grob gerechnet sind es 50 Prozent der islamischen Population, gemeint sind eben die Frauen und Mädchen, welche von den anderen 50 Prozent in ihren Grundrechten radikal eingeschränkt werden. Na ist das kein Grund um aktiv zu werden?

*

Ein Phänomen begleitet mich schon recht lange. Die sprachliche Ausdruckskraft, besser gesagt: die unerhört simple Vereinfachung bei Aussagen und Gesprächen. Da sehen in einem Ort, klein oder groß spielt keine große Rolle, zwei Inländer zwei bis drei Afrikaner oder zwei bis drei Frauen mit Kopftuch. Was erzählen sie sich gegenseitig oder was berichten sie an Außenstehende weiter: "Nur Neger" bzw. "lauter Kopftuchweiber hier im Ort".
Klein-Istanbul wird zum Beispiel meine Heimatstadt Traun gerne genannt. Von den 25.000 Einwohnern sind rund 14-17% Ausländer, d. h. aber auch, das 83-86% Inländer sind. Von den Ausländern sind wieder 2.000 Muslime, davon sind grob gerechnet 500 Frauen, und davon tragen 300 Kopftücher. Es stellen sich also 300 Frauen mit Kopftuch einer Gesamtbevölkerung von 25.000 entgegen. Nur Kopftuchweiber in Traun? Ich sehe es ein wenig anders.
Mit verbalen Verallgemeinerungen ist wirklich niemand gedient und dumme Wortspiele haben schon so manches Gesprächsklima nachhaltig vergiftet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es gäbe noch so viel zu diesem Thema zu sagen. Zeit und körperliche Belastbarkeit stellen aber naturgemäße Barrieren dar. Und daher möchte ich nun an dieser Stelle schließen, jedoch nicht ohne aus dem gnadenreichen Koran zu zitieren, und zwar die erste Sure, al Fathiha. Mögen sich dadurch unsere Herzen öffnen und hinwenden zu dem einzigen Gott, der unser aller Gott ist.

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen!
Lob sei Allah, dem Weltenherrn.
Dem Erbarmer, dem Barmherzigen.
Dem Herrscher am Tage des Gerichts!
Dir dienen wir, und zu Dir rufen wir um Hilfe.
Leite uns den rechten Pfad,
Den Pfad derer, denen Du gnädig bist, nicht derer, denen Du zürnst, und nicht der Irrenden.