Annemarie Kury
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Wien, im Oktober 2004

Liebe große Familie der Unterstützer Notleidender in Bosnien!

„Und wie geht es jetzt in Bosnien?“ oder „Geht es dort endlich besser?“ Das sind die häufigsten Fragen, wenn ich von einer Bosnienfahrt zurück bin.

Der Krieg ist seit fast neun Jahren vorbei, die Folgen, die Wunden sind noch immer furchtbar.

Mit der großen ARMUT (Armut macht krank!!), dem SEELISCHEN LEID, (Verluste, Einsamkeit, Angehörige tot oder in der Welt verstreut) und der SCHLECHTEN MEDIZINISCHEN VERSORGUNG ist der Gesundheitszustand vieler, vieler Menschen in Bosnien miserabel.

Sichtbar unter anderem an den vielen, auch jungen Zahnlosen, die nicht lachen, nicht reden und nicht beißen können.

Die Arbeitslosigkeit ( = Hoffnungs- und Würdelosigkeit) ist 40-60%, damit verbunden auch keine Kranken- und Pensionsversicherung.

Menschen müssen mit Pensionen unter 100.- (Hundert!) Euro im Monat auskommen.

Die Lebensmittel sind nur wenig billiger als bei uns in Österreich, Waschpulver und Schokolade, nur als Beispiel, sind teurer als hier.

Es gibt sicher Menschen, denen es wieder besser geht, doch dort komme ich nicht hin. Ich bin bei unseren Alleingelassenen, Kranken, Alten, Behinderten, Wohnungslosen, Vertriebenen, Verzweifelten.

Ein wenig besser geht es seit diesem Sommer den behinderten Kindern des Tagestherapiezentrums KORACI NADE ( = SCHRITTE DER HOFFNUNG) in Tuzla. Sie können wieder von zu Hause abgeholt und nach Hause gebracht werden.

Von unseren Spendengeldern konnten wir einen Kleinbus in Österreich kaufen und ihn dem Therapiezentrum zur Verfügung stellen. Wie wichtig es den behinderten Kindern ist, in ihr sehr geliebtes Zentrum zu kommen, sehen wir z. B. an dem Ausspruch unseres 13jährigen Patenkindes Medina:

„Könnte ich einen Goldfisch fangen, würde ich ihn bitten, meinem Koraci nade immer Glück zu schenken, der Bus soll nie kaputt gehen, im Haus soll es immer warm und fröhlich sein, dann wird mein Herz glücklicher schlagen.“

Wochenlang habe ich einen passenden Kleinbus gesucht, der nicht älter als sechs Jahre sein durfte, da es sonst keine Einfuhrbewilligung für Bosnien gibt.

Der „Autofriedhof“ in Bosnien ist jetzt schon nicht mehr zu bewältigen. (Serbien hat seit neuestem ein Autoimportverbot für Autos, die älter als drei Jahre sind!)

Der Bus sollte robust sein, für schlechte Bergstraßen gut geeignet, preiswert in der Anschaffung und sparsam im Verbrauch. Wir haben ihn in Murau/Steiermark gefunden!

Die nächste Hürde war die Finanzierung, die neben privaten Spendern nur mit Hilfe von Rotary – Inner Wheel – und Lions Clubs zu bewältigen war.

Export- und Importpapiere besorgen und warten auf die Abholung der Bosnier, war der nächste Schritt. Letzteres hat weniger gut geklappt, sodass wir schlussendlich den Transfer selbst in die Hand nehmen mussten.

Nach fünfstündigem Aufenthalt mit bürokratischen, unsinnigen Schikanen im Zollamt Ptuj/Slowenien (neues EU Land!) und Zahlen von unnötigen 50.- Euro, Rückfahrt an die österreichische Grenze Spielfeld, die die Grenzformalitäten (zwar kopfschüttelnd über die slowenischen Kollegen) in ein paar Minuten erledigten.

Das alles hat sich ausgezahlt, wenn man die Freude über und die Funktion des Busses überlegt.

Eines der behinderten Kinder drückt es aus: „Der Bus ist so toll, es ist, als würden wir im Flugzeug sein!“ (Das Kind ist noch nie geflogen!)

Bei meiner 149. Fahrt von 17. bis 26. September 2004 konnte ich 32 Hausbesuche machen, die Strecke war fast 3.000 km.

Rudi Speil begleitete mich mit seinem Auto fünf Tage und schrieb viel in sein Tagebuch. Die beiden bosnischen Medizinstudenten Dalibor und Miroslav, die mit Hilfe eines Stipendiums von Rotary Club in Wien studieren können, waren eine große Hilfe, vor allem mit dem Übersetzen.

Wer wissen möchte, was mit den Spenden geschieht, wer wissen möchte, was wir in Bosnien erlebten, der lese bitte das Protokoll.

Den vielen, die gespendet haben oder/und uns in verschiedenster Form unterstützt und begleitet haben, den Menschen in tiefster Not etwas an Würde zurückgeben zu können, oft nur mit dem Gefühl, nicht vergessen worden zu sein, DANKE ich wie immer auch im Namen dieser Menschen in Bosnien.

Eure / Ihre / Deine

 

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