Dolomiten Nr. 46 (Samstag/Sonntag, 24./25. Februar 2007), 33:

KIRCHE / Vergangenheit

Dort, wo dereinst alles begann
Hutterer-Delegation besucht Geburtshaus von Jakob Huter in Moos bei St. Lorenzen


Spurensuche der bewegenden Art: die Delegation der Hutterer gestern Abend vor dem Geburtshaus ihres ersten Gemeindevorstehers: (von links) Katharina Kleinsasser, Peter Ausserdorfer (Kulturreferent der Gemeinde St. Lorenzen), Fritz Kleinsasser, Michl und Elisabeth Wollmann, Paul und Susanne Hofer sowie Robert Hochgruber (Initiativgruppe Versöhnungszeichen).
Foto: "D"/ej

St. Lorenzen - "Ich bin überwältigt, zu Tränen gerührt: Hier stehen zu dürfen, wo so viel geschehen ist, was unseren Glauben geprägt hat, ist ergreifend! Hier hat unsere Geschichte ihren Ursprung." Michl Wollmamn, ein Lehrer der hutterischen "Dariusleut", fasste in Worte, was die Delegation von Hutterern aus Kanada bewegte, als sie gestern am späten Nachmittag das Geburtshaus ihres Namensgebers und "Altvaters" in Moos ober St. Lorenzen besuchte.
Von Eduard Tasser (ej)

Ergriffen standen sie vor der Gedenktafel, welche die Gemeinde St. Lorenzen im Jahre 1986 an dem Haus anbrachte, das heute dort steht, wo vor rund 500 Jahren Jakob Huter zur Welt kam. Paul und Susanna Hofer, Fritz und Katharina Kleinsasser, Michl und Elisabeth Wollmann sogen Wort für Wort auf: "In diesem Haus wurde Jakob Huter geboren. Er war der bedeutendste Vorsteher des Tiroler Täufertums. Als Märtyrer seines Glaubens starb er am 25. Februar 1536 in Innsbruck auf dem Scheiterhaufen."

Die drei Ehepaare sind im Auftrag ihrer Glaubensschwestern und -brüder unterwegs, die sich heute noch in Kanada und den USA an der Lehre Jakob Huters und seiner Mitstreiter orientieren. Rund 45.000 Hutterer sind dort in 470 Gemeinden organisiert. Neben der Erwachsenentaufe zählen die Abendmahlgemeinschaft, die Gütergemeinschaft und die Gewaltlosigkeit zu ihren wichtigsten Glaubensgrundsätzen.
Auch lehnen sie jede kirchliche wie weltliche Machtstruktur ab und organisieren ihr Leben in den Gemeinden streng nach dem Evangelium. Eine Gemeinde (auch Bruderhof genannt) umfasst in der Regel 30 Familien mit insgesamt rund 100 Mitgliedern. Diese leben hauptsächlich von der Landwirtschaft - ein Bruderhof kann bis zu 8000 Hektar Acker- und Weideland umfassen. Sie betreiben aber auch kleinere Fabriken und Handwerksbetriebe. Ein starkes Band, das die einzelnen Gemeinden (vor allem auch religiös) zusammenhält, ist die gemeinsame Sprache, ein alter Tiroler-Kärntnerischer Dialekt mit slawischen und englischen Lehnwörtern, der nach wie vor die einzige Sprache im Gottesdienst ist. Deshalb erhalten die Kinder auch täglich zwei Stunden Deutschunterricht.


Diese Tafel zeugt noch davon, dass Jakob Huter in St. Lorenzen geboren wurde. Foto: "D"/ej

Der Auftrag, der die Gesandtschaft aus Übersee dieser Tage in das Land ihrer Väter und Mütter führt, ist es, zu erkunden, was von einem Versöhnungszeichen zu halten sei, zu dem eine Initiativgruppe aus Nord- und Südtirol die Hutterer eingeladen hat. Ein erklärtes Ziel dieses für den Herbst geplanten Vorhabens ist es, ein dunkles Kapitel der Tiroler Geschichte abzuschließen. Als erster Schritt dazu findet am morgigen Sonntag, dem 471. Todestag von Jakob Huter, vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck eine Gedenkfeier statt.

Doch vorher wollte die Delegation der Hutterer dorthin, wo dereinst alles begann - ins Pustertal: Heute, am Samstag, besichtigt sie die Burg Taufers, wo in jenen dunklen Tagen vor fast 500 Jahren Hutterer der ersten Stunde gefangen gehalten und gefoltert wurden.